Übersicht/ Overview
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Berlin, Druckgraphik-Atelier, Jahresrückblick XVIII – Beteiligung/partizipation
Lithographien, Materialdrucke, Monotypien und Radierungen, 17. Dezember 2018 bis 02. Februar 2019
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Lieber Eberhard Hartwig, sehr geehrter Herr Pyritz, liebe Gäste,
Zuerst möchte ich mich für die Einladung des Berliner Malers und Graphikers Eberhard Hartwig mit seiner Ausstellung Skriptuale Malerei und Grafik herzlich bedanken.
Als ich mich mit dem Thema der Ausstellung beschäftig habe, hatte ich das Gefühl, dass ich mich auf einer Weltreise befinde. Ich möchte sie Ihnen beschreiben. Auf dieser Reise kamen immer mehr Fragen und immer mehr Gedanken auf und die größte Frage, bevor ich den Text verfasst habe war: wo fange ich eigentlich an?
Ob durch Keilschriften, Hieroglyphen, Buchstaben oder Chinesische Kalligrafie oder aber Sprachnotizen, Tagebücher, Plakate, Lehrbücher, oder Briefe und Notizen: seit mehr als 6000 Jahren zeichnet der Mensch sein Wissen auf, kommuniziert, archiviert, oder hält es auch als Schriften geheim.
Mit der Erfindung der Schrift fing der größte kulturelle Umbruch der Menschheitsgeschichte an. Mit der Sprache wachsen wir in unsere Kultur hinein, gelangen zu neuem Wissen und lernen unsere Werte kennen, wir finden Zusammenhänge und schaffen durch die persönliche Interpretation und durch fachliche Auslegung in der Welt des Gelesenen einen kulturellen Sinn zu erkennen.
Ausgangspunkt dieser Einsicht gegenüber der Schrift ist die Tatsache, dass unsere Kultur aus einem System von Zeichen besteht – als ein beständiger und geordneter Verbindungsweg zwischen dem Verfasser mit seinen Erfahrungen und dem Leser mit seinen Bedürfnissen nach Wissen.
Im heutigen digitalen Zeitalter wird die Schrift beziehungsweise das Wort in Datenbanken aufbewahrt, die nach bestimmten Kriterien bearbeitet und abgefragt werden. Wir stellen uns berechtigte Fragen nach der Standardisierung und Entindividualisierung des Menschen in Verbindung mit der Digitalisierung unserer Daten.
Eberhard Hartwig präsentiert in den Räumen des Museums eine Installation, welche aus diversen Schriftbahnen mit horizontal verfassten Strichzeichen entsteht, die auf einem Malgrund mit Tusche aufgetragen sind und die Struktur antiker Papyrus- und Pergament-Schriftrollen ins Gedächtnis rufen möchten. Der Text besteht aus rhythmisch verlaufenden Schriftzeichen. Die gleichmäßigen unterstrichenen Reihen einer undefinierbaren Sprache rücken das Lesen und Verstehen erstmal in den Hintergrund.
Die 325 cm hohen und 133 cm breiten Schriftblätter mit dem Titel „Briefe“ bilden zusammen einen begehbaren Raum der Betrachtung. Der zugängliche Raum innerhalb des Raumes fördert die Teilnahme des Betrachters, in dem man durch den veränderten Raum in die Welt des Geschehens „geschleust“ wird. Das partizipative Element der Installation entsteht zuerst dadurch, dass ein Gefühl des Betretens in einen Raum entsteht, wo der „Besucher“ aus der Realität des umgebenden Raumes der Galerie isoliert wird. Andererseits verwandelt sich im Moment der Verzauberung dieser Raum in eine theatralisch und affektiert wirkende Umgebung des Unbekannten.
Die künstlerische Aussage wird durch rätselhaftes Suchen abgefragt um die Schriftzeichen zu entschlüsseln.
In seiner Installation eröffnet sich der Raum wie eine außergewöhnliche Szenerie, die den Eindruck vermittelt, man befände sich in einer Reihe von Ereignissen, oder man stünde wie vor einer geheimnisvollen Weltkarte der Kulturgeschichte.
Nun, es war einmal in Bagdad…. als nämlich im Jahr 825 die bekannte Bibliothek „Haus der Weisheit“ gegründet wurde. Sie zog Forscher aus dem ganzen Land an, unabhängig davon, welcher Nationalität die Forscher angehörten, oder ob sie Muslime, Christen, oder Juden waren. Sie beschäftigten sich nicht nur mit der Übersetzung der Schriften des antiken Griechenland, sondern auch mit eigenen neuen wissenschaftlichen Entdeckungen.
Zu den bekanntesten Wissenschaftlern der Bibliothek gehörte Ibn Sina, oder auf Latein als Avicenna mehr bekannt (980–1037). Er schrieb mehr als 400 Bücher und Aufsätze zu Physik, Medizin und Mathematik. Sein Kanon der Medizin, der im 12. Jh. ins Lateinische übersetzt wurde, war auch in Europa über sechs Jahrhunderte das Lehrbuch der Mediziner. Nach dem Vorbild dieser Institution wurden später ähnliche Einrichtungen in Nordafrika und Spanien geschaffen.
All dieses Wissen fand über Spanien seinen Weg nach Europa. Dann begann erneut eine Periode intensiver Übersetzungen. Nicht lange danach endete die Erfolgsgeschichte der arabischen Wissenschaft in Bagdad, wo alles angefangen hatte. Die Angriffe der Mongolen im 13. Jahrhundert hatten eine verheerende Zerstörung Bagdads und der Bestände der berühmten Bibliothek „Haus der Weisheit“ zur Folge.
Mit der Anspielung auf die arabische Schrift entführt Eberhard Hartwig den Betrachter wie in einem Märchen aus dem Abendland und lädt uns ein, durch die Geschichte des Wissenstransfers mitzureisen – von Bagdad über Nordafrika und über Spanien nach Europa, auf einen Weg, der mehrere Jahrhunderte gedauert hat. Dabei wechselten die Texte der mehrfach übersetzten Bücher vielmals ihre Sprache und die Schrift. Der Künstler lädt uns ein zu betrachten und die Spannbreite des Dialogs zwischen Wort und Bild zu entdecken.
Beim Gespräch mit Eberhard Hartwig in seinem Atelier hat er mich auch auf die Japanische Schrift aufmerksam gemacht.
Die Textform in der asiatischen Kultur hat eine lange Tradition: die Kalligrafie ist eine hochgeschätzte Kunst, in welcher Tusche, aber auch Aquarellfarben und farbige Tinte eingesetzt werden. Es ist nicht zu übersehen, dass der Künstler diese Bildsprache hervorgehoben hat, weder ist aber die präzise Nachahmung bestimmter Schriftzeichen – weder die Kandji, noch die Harigana – hier deutlich zu erkennen, noch ist die Schreibweise von rechts nach links eindeutig festzustellen. Er lässt die Schrift fließen und lässt den Betrachter weiter rätseln.
Das japanische Wort „Shodo“ wird mit „Weg des Schreibens“ übersetzt. Wie lange das chinesische Schriftsystem seinerseits bereits bestanden hatte, ist nicht belegt. Die ältesten bislang gefundenen Zeichen stammen aus der Zeit um 1400 vor Christus.
Es waren die japanischen Dichter, die im 7. und 8. Jahrhundert aus künstlerischen Beweggründen damit anfingen, die chinesischen Schriftzeichen nur als Lautzeichen zu verwenden und führten Hiragana und Katagana als reformierte Schrift ein.
Eberhard Hartwig hat die Gestik der Hiragana improvisierend nachgeahmt und stellt mittels eines feinsinnigen Ergebnisses in harmonischen Reihen „den Weg des Schreibens“ vor.
Die Dominanz der Interpretation des Textes in seiner Installation bekommt hier eine bezeichnende Rolle, in der die Kraft der Bildlichkeit durch „neutrale Zeichen“ die Grenzen der Sprache durchbricht. Die Installation als Werk verwandelt die Betrachtungsweise, wir sehen die Schrift nicht als Dokument, sondern als Monument und die Schriftzeichen treten wie Symbole in ein sehr spannendes Ensemble. Ich komme auf den Titel „Briefe“ zurück und wage zu vermuten, dass wir vor einem Ensemble inne halten und wie vor Zeugnissen menschlicher Beziehungen einem Hauch Voyeurismus gegenüberstehen.
Geöffnete Briefe, geheime Schrift in geordneten Reihen, Spurensuche und Deutungsansätze: das Archiv mit akkurat gepflegten Reihen und vergilbten Ordnern, makellos gepflegt, sortiert und erfasst, die Welt der Geheimnisse, das Arbeitsgebiet des Suchens. Für Eberhard Hartwig stellt dieser Zustand eine besondere Herausforderung dar, die sich mit dem Thema Macht auseinandersetzt. Wissen ist Macht und das Aufbewahren von Wissen und Geheimnissen gilt als „zentrales Kapital politischer und ökonomischer Macht“.
Hier liegt die größte Originalität der Installation von Eberhard Hartwig: die dargestellten Grenzen zwischen den verschiedenen Kulturen und Epochen, zwischen der künstlerischen, der philosophischen und der geheimen Sprache. Anderseits schaffen es diese imaginären Grenzen, eine fließende Ähnlichkeit zwischen den Epochen und Kulturen wiederherzustellen. In der raffinierten Reihenfolge von Beispielen der Schrift und der Sprache, die über Jahrtausende mehrfache Wechselverhältnisse erfuhr, variieren Elemente der profanen Ikonographie.
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Eberhard Hartwig wurde 1957 in Berlin geboren und erhielt seine Erfahrungen mit der Schrift bei der Lehre und der Arbeit als Schriftsetzer und Drucker zwischen 1974 und 1993.
Einen zentralen Platz seiner Installation hat die 60 cm hohe Skulptur aus Porenbeton mit dem Titel „Torso“ erhalten. In die geschwungene abstrakte Form des plastischen Kunstwerks ist eine flache Vertiefung eingearbeitet, in die mehrere Schriftreihen eingemeißelt sind. Als Torso wird (normalerweise) eine figurative Statue bezeichnet, die wegen Zerstörung ohne Gliedmaßen zu sehen ist, also eine verstümmelte Darstellung einer Statue, und so einfach als Teil eines Ganzen zu verstehen ist. Im Kontrast mit den gleichmäßig verlaufenden Reihen der umgebenden Schriftbahnen wirkt die Skulptur etwas fragil.
Das Texttorso erinnert an die Keilschrift, die Schrift der Babylonier und Sumerer. Die ältesten erhaltenen Texte in Keilschrift stammen aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. Als Schriftsetzer lernte Eberhard Hartwig das Handwerk des Buchdrucks und mit diesem Texttorso arrangiert er auf eine stillvolle Weise im Zentrum seiner Installation eine wunderbare Hommage an das Urbild der Schriftsetzung.
Eberhard Hartwig machte eine Ausbildung als Graphiker und gründete 1990 seine eigene Druckwerkstatt für Lithographie, Radierung und Hochdruck in Berlin. Er präsentiert hier in den Räumen des Museums auch einige seiner graphischen Arbeiten in Carborundumdruck und Aquatinta.
In seiner graphischen Arbeit dominieren abstrakte Bildmotive, die durch klare Linien und Formen bestehen und bewusst zwischen Leere und Fülle agieren. Die in seiner Malerei kennzeichnende Methodik des Künstlers ist deutlich zu erkennen: seine künstlerische Aussage provoziert, erfragt und fordert ermutigend den Betrachter auf, in einem zeitlosem Raum eigene Interpretationen wahrzunehmen, die sich bis zur Unendlichkeit fortsetzen können.
Die Skripturale Malerei in Hartwigs Installation ist ein Objekt, dessen Bedeutung aus der besonderen dreidimensionalen Konstruktion, zusammen mit anderen Mitteln der bildenden Kunst, erweitert wird. Als Text-Objekt stellt die Installation die Ehrlichkeit eines offenes Buchs dar. Das große Format der Schriftblätter erlaubt dem Künstler, bei der Arbeit frei mit dem ganzen Körper zu agieren, und dem Betrachter die improvisierte Sprache der visuellen Poesie vollkommen aufzunehmen.
Und nun wünsche ich Ihnen und Euch, liebe Gäste viel Vergnügen und viele Anregungen für interessante Gespräche miteinander und mit dem Künstler. Lieber Eberhard, Dir wünsche ich weiterhin viel Erfolg und noch mal herzlichen Dank!
Juliana Hellmundt, 28.02.2018
Archiv – Streng geheim!
Skripturale Malerei und Graphik
von Eberhard Hartwig
05. März – 13. Mai 2018
Eröffnung/Opening: Sonntag, 04.03.2018, 15 Uhr
Begrüßung/Welcome: Albrecht Pyritz, Direktor Kulturquartier Mecklenburg-Strelitz
Laudatio: Juliana Hellmundt, Kunsthistorikerin/art historian – hier/here
Kurator: Thomas Schubert
Musikalische Umrahmung/Musical framing: „Collec Tiv“
Abb. im Titel: E. Hartwig, BRIEF, 2006/07, Rohrfeder, Fett-Tusche, Pigmente auf Papier 3,25 x 1,33 m, Detail
Ort/Location: Museum Kulturquartier Mecklenburg-Strelitz in Neustrelitz, Schloßstraße 12/13, 17235 Neustrelitz, Telefon: 03981 2390999 . Facebook
Ein Stasi- oder FBI-Archiv? Bibliothek von Alexandria? Eberhard Hartwig nimmt Bezug auf über 6000 Jahre Schrift-/Kommunikationsgeschichte, von den ersten Bilderschriften über fernöstliche bis zu Geheimschriften. Mit seinen BRIEFEN in Schrift-/Buchrollenform zitiert er ebenso chiffrierte Berichte wie für Fremde nicht lesbare TagebuchAUFZEICHNUNGEN. Was ist aufzeichnungswert und damit bewahrenswert? Wie geht es uns z.B. bei Beschriftungen in Japanisch? Wie fühlen sich Immigranten in Deutschland dabei? Wie kommunizieren wir? Sprache und Schrift formen die Wahrnehmung der Welt jedes Individuums und prägen gleichzeitig seine Verortung darin. In Sprache und Schrift sind Denken und Tun, Autonomie und Kollektivität miteinander verwoben. Als Instrument für Teilhabe und Herrschaft ermöglichen sie Emanzipation und Unterdrückung gleichermaßen.
Archive – Top Secret!
Scriptual painting and graphics
by Eberhard Hartwig
A Stasi or FBI archive? Library of Alexandria? Eberhard Hartwig refers to more than 6,000 years of writing / communication history, from the first picture fonts to Far Eastern and cipher texts. With his LETTERS in script / book roll form he quotes as well ciphered reports as for strangers unreadable diary ONTO DRAWINGS. What is worth recording and therefore worth preserving? How we are with captions in Japanese? How do immigrants feel in Germany? How do we communicate? Language and writing form the perception of the world of each individual and at the same time shape its location in it. In speech and writing are thinking and doing, autonomy and collectivity interwoven. As an instrument for participation and domination, they enable emancipation and oppression alike.
Öffnungszeiten/Opening times: Dauer- und Wechselausstellungen täglich / Permanent and temporary exhibitions daily 10 – 18 Uhr
Eintritt/admission charge: Wechselausstellung 2 € ermäßigt 1 € / Temporary admission: 2 € reduced 1 €
Tageskarte Familienkarte (2 Erwachsene und max. 3 Kinder) / Day ticket Family ticket (2 adults and a maximum of 3 children) 12,00 €
Erwachsene / Adults 6,00 €
Kinder (ab 12 Jahren) und ermäßigt / Children (from 12 years) and reduced 3,00 €
(inklusive Eintritt Dauerausstellung und Wechselausstellungen, Aufenthalt Stadtbibliothek, Benutzergebühr Karbe-Wagner-Archiv, Aufenthalt in Café und Garten / including entrance permanent exhibition and temporary exhibitions, stay public library, user fee Karbe-Wagner-Archiv, stay in café and garden)
Anfahrt / Directions: mit dem Auto aus Berlin laut Falk-Routenplaner / by car from Berlin loud Falk route planner:
. 115 km = 1:41 Stunden/hours über die B96 und dann B193 / over the B96 and then B193
. mit der Bahn zur Ausstellungseröffnung am 04.03.2016 ab Oranienburg, ab
. by train to the exhibition opening on 04.03.2016 from Oranienburg, from 13:11 RE 92428
. Regional-Express Richtung: Rostock Hbf / Regional Express direction: Rostock main station
. Ankunft/Arrivals Neustrelitz Hbf 13:58 Uhr
23. Kunstversteigerung zugunsten der Aktion »Kinder von Tschernobyl«
des Aktionskreises Evangelischer Kirchengemeinden »Kinder von Tschernobyl«
Abbildung: Japanischer Künstler, o.T. Siebdruck 1974, 29,5 X 43,0 cm
Beginn: 01. Dezember 2017,19:00 Uhr (Einlass ab 18:30 Uhr)
Auktionator: Helmut Müller
Ort/Location: rk – Galerie im Rathaus Lichtenberg, Möllendorffstr. 6, 10367 Berlin, Fon: 030-90 296-37 12/37 13, Mail: ratskeller@kultur-in-lichtenberg.de – www.kultur-in-lichtenberg.de
Fahrverbindungen:
S-Bahnhof Frankfurter Allee S41, S42 (Ringbahn),
U-Bahnhof Frankfurter Allee U5,
Tram-Haltestelle Rathaus Lichtenberg M13, M16
Vorbesichtigung der Versteigerungsexponate in der rk – Galerie vom 27. bis 29. November 2017, jeweils 10:00 bis 19:00 Uhr und über die Website des Aktionskreises.
Nachverkauf (zum Schätzpreis): am 04.12.2017 von 10 bis 18 Uhr in der rk – Galerie im Rathaus Lichtenberg. Bei Erwerb ausschließlich Barzahlung.
Unter der Schirmherrschaft von Michael Grunst, Bezirksbürgermeister von Berlin-Lichtenberg und Dr. Bertold Höcker, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Berlin Stadtmitte
Wir laden Sie und ihre Freunde herzlich ein!
In Zusammenarbeit mit: rk – Galerie für zeitgenössische Kunst, Graphik-Collegium Berlin e.V.,
Druckgraphik-Atelier Hartwig, Verein Berliner Künstler e.V.
Aktionskreis Evangelischer Kirchengemeinden »Kinder von Tschernobyl«
c/o Evangelische Galiläa-Samariter-Kirchengemeinde, Samariterstr. 27, 10247 Berlin, Fon: 030 4270281, Mail: VBoehm@telecolumbus.net, www.aktionskreis-kinder-von-tschernobyl.de
Aktionskreis Evangelischer Kirchengemeinden „Kinder von Tschernobyl“
ratskeller – Galerie für zeitgenössische Kunst
Graphik-Collegium Lichtenberg des Studio Bildende Kunst Berlin-Lichtenberg/Kulturring in Berlin e.V., Leitung S.Friedemann
Druckgraphik-Atelier, Eberhard Hartwig
19. September 2014
SPENDENAUFRUF ZUR 22. KUNSTVERSTEIGERUNG
ZUGUNSTEN DER AKTION „KINDER VON TSCHERNOBYL“
Liebe Künstlerinnen und Künstler, Sammler und Freunde der Kinder von Tschernobyl,
wir bitten wieder um die Spende von Kunstwerken (v.a. Druckgraphik) für die 22. Kunstversteigerung zuguns-ten der Aktion „Kinder von Tschernobyl“.
Vor 25 Jahren ereignete sich die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Sie ging als die größte technologi-sche Katastrophe des 20. Jahrhunderts in die Geschichte ein. Vor allem die Kinder in den verstrahlten Regi-onen der Ukraine und Weißrusslands leiden unter den Spätfolgen. Tschernobyl-Aids z.B. ist zu einem fest-stehenden Begriff geworden.
Der Aktionskreis Evangelischer Kirchengemeinden „Kinder von Tschernobyl“ führt in Zusammenarbeit mit der Galerie ratskeller – Galerie für zeitgenössische Kunst, dem Graphik-Collegium Lichtenberg des Stu-dio Bildende Kunst Berlin-Lichtenberg/Kulturring in Berlin e.V., Leitung S.Friedemann und dem Druckgra-phik-Atelier, E. Hartwig, am Freitag dem 07. November 2014 um 19 Uhr in der Galerie ratskeller (Einlass ab 18:30 Uhr) seine 21. Kunstversteigerung zugunsten der Aktion „Kinder von Tschernobyl“ durch.
Der Erlös kommt der Arbeit des Aktionskreises Evangelischer Kirchengemeinden „Kinder von Tscher-nobyl“ zugute. Der Aktionskreis finanziert damit u.a. einen jährlichen Erholungsaufenthalt von Kindern aus der weißrussischen Stadt Gomel oder eine Weihnachtspäckchenaktion.
Die Versteigerung steht unter der Schirmherrschaft von Andreas Geisel, Bezirksbürgermeister von Lich-tenberg von Berlin und Frau Kerstin Beurich, Bezirksstadträtin für Bildung, Kultur, Soziales und Sport von Berlin-Lichtenberg..
Sie/Ihr könn(t)en Ihre/Eure Spenden (bis drei Kunstwerke) vom 06. bis zum 10. Oktober 2014 zwi-schen 10:00 und 18:00 Uhr in der Galerie ratskeller oder auf Anmeldung auch schon vorher – oder zu den Öffnungszeiten und auf Anmeldung im Druckgraphik-Atelier bis 08. Oktober- abgeben. In einzelnen Fällen können die Spenden auch von mir abgeholt werden (bitte melden, Telefon s.u.)
Zu den Spenden benötigen wir einen Exponatenpass in zweifacher Ausfertigung mit folgende Angaben: Name des Künstlers, Kurzbiographie des Künstlers, Titel der Arbeit, Entstehungsjahr, Größe des Motivs (Höhe vor Breite) und den Schätzpreis. Versteigert wird ab der Hälfte des Schätzpreises.
Der Einlieferer erhält nach der Versteigerung eine Spendenbescheinigung in Höhe des Zuschlagpreises.
Und nun hoffen wir auf Ihre/Eure Spende.
Mit freundlichen Grüßen
Volkhard Böhm
für die Projektgruppe Versteigerung
Aktionskreis Evangelischer Kirchengemeinden »Kinder von Tschernobyl« c/o Evangelische Galiläa-
Samariter-Kirchengemeinde, Samariterstr. 27, 10247 Berlin, www.aktionskreis-kinder-von-tschernobyl.de
Galerie ratskeller – Galerie für zeitgenössische Kunst, Möllendorffstr. 6, 10365 Berlin, Fon: 030 90296-3712/3713, Mail: ratskeller@kultur-in-lichtenberg.de, Web: www.kultur-in-lichtenberg.de
Weitere Informationen über: Aktionskreis Kinder von Tschernobyl/V. Böhm, Tel.: 030 / 4270281, E-mail: VBoehm@telecolumbus.net
Schrift-Detail aus einem der BRIEFe, 2006, Rohrfeder, Fett-Tusche, Pigmente auf Papier 3,25 x 1,33 m
Zum Vergrößern und für Titel-/Technik- und weitere Informationen klicken Sie bitte auf die Abbildungen. / To enlarge and for Title / technical and further information please click on the pictures.
Weitere Arbeiten werden demnächst eingestellt. / Further work will be set soon.
Und jedes geschriebene Blatt / Wort ist ein
Schritt mehr auf dem Weg von mir zu DIR.
AUFZEICHNUNGEN – BRIEFE
. – BLÄTTER
. – LETTER´s
. – Memo´s . – NOTATe . – SKRIPTe
„Wiederholung und Erinnerung sind dieselbe Bewegung, nur in entgegengesetzter Richtung.
Denn was da erinnert wird, ist gewesen, wird nach rückwärts wiederholt, wohingegen
die eigentliche Wiederholung nach vorwärts erinnert wird.“ (Per Kierkegaard)
Von den Erinnerungen in Höhlenmalereienund Felszeichnungen all(T)er Kulturen, den frühesten erhaltenen bildlichen Äußerungen der Menschheit über die Buch-Schrift-Geschichte bis zu den heutigen schriftlosen Piktogrammen spannt sich ein Bogen, den ich mit meinen AUFZEICHNUNGEN – BRIEFEN (ca. 100 m2), in Rollenform wie die ersten Niederschriften nach den Stein- und Tontafeln, aufgreife. Arabische und jüdische Universitätsbibliotheken bewahren und nutzen solche immer noch.
Der hiermit vorgestellte, fast täglich wachsende Werkkomplex – zu dem ebenso BLÄTTER, LETTER´s, SKRIPTe und NOTATe (Monotypien, Radierungen und Zeichnungen) gehören – mit welchem ich Anfang der 90er Jahre begann, ist eine einzige, fortwährende Reflexion über Zeit und Raum, das Leben, über das Künstlerische, Menschliche … und über mich selbst. Parallel dazu arbeite ich gegenständlich Eindrücke vor der Natur aufnehmend in Skizzen, Zeichnungen und Kaltnadelradierungen. Diese sind die Grundlage für abstrahierte Zeichnungen und Malerei, Aquatinta- und anderen Radierungen, Holzschnitte, Lithographien sowie Monotypien, welche ich in meinen zwei Ateliers erarbeite.
Meine „Schrift“ ist universell, teilweise nutze ich Zeichen des Arabischen, Lateinischen, Hebräischen, Persischen, Koreanischen u.a., aber auch Piktogramme und stilisierte Tiere, Bäume, Menschen etc. In der organischen Formenvielfalt der SchriftZeichenBilder stecken ebenso Hyroglyphen wie SchriftKritzeleien von Kindern sowie vielerlei Erzählungen, Ambivalenzen zu den täglichen, ja jederzeitigen Eindrücken, die sich bei Selbstreflexion im Duktus sichtbar machen. Die gemalten und gedruckten SchriftBilder sind fernab jeder Illustration ein Dialog von Literatur, Philosophie, Wissenschaft, Kunst und Mythologie. Quasi vom Urbild ins Ab-Bild mit der Möglichkeit des „sowohl als auch“.
Roland Barthes meint in einer Schrift über André Masson, dass die Wahrheit der Schrift erst zutage träte, wenn sie unlesbar sei. Ohne Eingrenzung durch das Wort und Zeichen wird die Geste des Schreibens und das Bild sichtbar. Meine AUFZEICHNUNGEN sind als Bilder zu betrachten. In ihrer vollkommenen Verweigerung der Dechiffrierung sind sie eigene SchriftBild-Äußerungen und sollen im Dialog stehen mit jedem Betrachter, gleich welchem Kultur-Schriftkreis er angehört. Über die sinnliche Wahrnehmung – mit Zwischentönen, ungewohnt, fremd und doch innerlich vertraut, poetisch – sollen diese AUFZEICHNUNGEN ihre Botschaft vermitteln – nicht über den intellektuellen Inhalt. Über die Unmöglichkeit der intellektuellen Dechiffrierung verweise ich auf die Bedeutung der Schrift als bewußter Informationsträger, ihre Geschichte im Ursprung als BilderSchrift sowie auf die ihr innewohnenden Komponenten wie Ästhetik, Rhythmus und Duktus sowie Proportionalität. Es werden heutige digitale Bilderfahrungen zu analogen in Beziehung gesetzt.
Zeichnen, Malen und Schreiben sind eine unmittelbare Lebens-Äußerung, eine Widerspiegelung der Außen- und Innenwelt sowie die emotionale, sinnliche Mitteilung ihrer selbst, die aus einer Position der Stille und Ruhe, und mit vor allem der Verlangsamung im Widerspruch zu gegenwärtigen äußeren Lebensrhythmen steht. Stundenlange meditative Versenkung in den Prozeß des Aufzeichnens oder Lesens innerer, einstmal abgespeicherter (Schrift- und) Bilder. Zeile für Zeile. Im Rhythmus des Eintunkens der Rohrfeder, der Führung der Kohle/Kreide und der Stifte, der Radiernadel oder des Asphaltpinsels – der SchriftBilder, der Zeilen. Ein unendliches Kontinuum des Schreibens wie beim Bibelschreiben früherer Jahrhunderte. Musiker intonierten bereits diese meine Visualisierungen – Akkorde, Rhythmen gleich, die in ihren Umraum hineinklangen, und so das befreiende Maß der Stille danach wieder um so deutlicher erlebbar machten.
Früher schrieben wir lange Briefe, die Autoren die Roman-Manuskripte mit der Hand. Heute wird dies digital erledigt, auch per Diktaphon, und zum Input der Information werden zum Teil sogar bereits eBook-Reader oder Hörbücher eingesetzt. Terminkalender werden digital geführt, emails und Netzwerke wie facebook ersetzen den handgeschriebenen Brief.
Wann schreiben wir noch per Hand? Wo können wir die – verkümmernde – Hand-Schrift bewundern, in ihrer persönlichen Note, Eigentümlichkeit, Ausrichtung? Auf Notiz- und Einkaufszetteln sowie flüchtig hingeschmierten kleinsten Botschaften – dem Empfänger schamvoll oder erwartungsvoll in die Hand gedrückt. Nach Zweckerfüllung werden sie achtlos weggeworfen. Diese Zettelchen, geknüllt und darübergelaufen, von mir seit 2010 gefunden, im Werkkomplex der „Memo´s“ per Vernis mou-Technik in die Platte übertragen, dabei bestimmte Elemente betonend, und gedruckt, lassen uns eintauchen in ein Stückchen Welt des/r unbekannten SchreiberIn, in deren Gedanken, Bedürfnisse oder Empfindungen. Voyeurhaft ist dies nicht, wenn wir uns an dem ästhetischen Schrift-Bild, den Spuren auf dem haptisch-sinnlichen Papier erfreuen.
In frühester Kindheit verschlang ich Bücher, schrieb selbst. In der ersten Ausbildung als Schriftsetzer konstruierten wir Schrift, lernten die Gestaltung damit. Neben meiner Tätigkeit als Maler/Graphiker lehre ich heute unter anderem Kommuniktionsdesignern auch die Schriftgeschichte, Schriftarten (auch „fremde Schriften“ in der Klassifizierung) und Gestaltung. Ich erfahre, wie heute Wissen meist aus dem Internet „erworben“ und ebenso in den „sozialen Netzwerken“ mittels Button – wenn dann – kommuniziert wird. Bücher oder Briefe schreiben bzw. lesen ist in heutigen Zeiten von sozialer Kommunikationsarmut überwiegend „out“. Diesem wird über die Dimension des/meines „Schreibens“ eine Sensibilisierung für die Lust und Pflicht etwas dem Papier anzuvertrauen bzw. zu entnehmen/erlesen entgegengesetzt. Vielleicht: Wissen, Erfahrungen und Empfindungen. – Und das Bewusstsein/die Achtung des Wertes von Reinheit und Ursprünglichkeit von SchriftBildern sowie der Schrift- und Bildträger Papier, Stein, Putz …
Eberhard Hartwig, September 2014
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Entsprechende ausgewählte Arbeiten sind – zur Zeit noch ausschließlich – unter den jeweiligen Techniken zu finden. Hier wie dort werde ich demnächst weitere Arbeiten einstellen.